Und wieder grüßt der Schreibtisch

Und wieder grüßt der Schreibtisch

Urlaubszeit, Zeit um Abstand zu nehmen – von der Arbeit, von Aufgaben und Anforderungen, von angefangenen und unvollendeten Projekten. Es tut wirklich gut, einmal all die vielen Verpflichtungen und Erwartungen zurückzulassen. Schon eine ordentliche Wanderung in heimischer Umgebung, ein Tagesausflug oder ein paar Tage „Ich- bin-dann- mal-weg“ wirken.

Viel „Alltagskleinkram“ verliert an Bedeutung. Meine Empfindlichkeiten erscheinen mir auf einmal kleinlich. Gute Bücher inspirieren, Gespräche mit Freunden und auch das Erleben von Stille mit meiner Frau Magdalene entspannen. Der Blick über Wasser und Berge zeigt neue Horizonte – nicht nur äußerlich. Im Kopf formen sich neue Wünsche und Ideen, ich bekomme wieder Lust auf ein altes oder neues Hobby. Ich nehme mir vor, nach dem Urlaub…

Und dann kommt der erste Arbeitstag. Schlüssel umdrehen, Tür öffnen, ein Blick auf meine Pflanzen im Büro, dann der Schreibtisch. Mein Schreibtisch. Treu ist er ohne mich stillgestanden. Keine Terminmappe, keine Wiedervorlage, keine „Altlast“ hat er abgeschüttelt. Stumm, aber einladend grüßt er mich.

Ein neues Studienjahr beginnt, neue Handbücher für Kursteilnehmer, neue Programmplanungen werden über den Tisch „wandern“. Protokolle von Sitzungen „erwarten“ ihre Bearbeitung, E-Mail-Fluten werden sich „ergießen“, Bücher, die ich unbedingt lesen will, werden sich am Rande des Schreibtisches ein Stelldichein geben. Hoffentlich werde ich auch immer wieder Nachrichten über Spenden von Freunden der AWM vorfinden.

Mein Schreibtisch erscheint mir als ruhiger, verlässlicher, tragfähiger „Kollege“.

Und mir fällt der Vers aus Ps.23 ein: „Du, Gott, deckst mir den Tisch!“ Zugegeben, dort geht es wohl nicht zuerst um den Schreibtisch. David erlebt, wie Gott auch angesichts von Bedrohung und Feindseligkeit doch auf dem Tisch für „ein Fest im Alltag“ sorgt. Und genau das erfahre ich immer wieder. Manch guter Urlaubsgedanke schafft es nicht „auf den Tisch“, sondern fällt unter den Tisch. Aber Gott sorgt auch auf meinem Schreibtisch für „ein Fest im Alltag“ – durch den Gruß eines Kollegen, eine Ermutigungsmail von Freunden, den Infobrief einer unserer Studenten, der Gottes Wunder „auf der anderen Seite der Welt“ erlebt.

„Du deckst mir den Tisch!“

Diese Erfahrung wünschen wir auch unseren Studierenden im neuen Studienjahr – nicht nur beim gemeinsamen Mittagessen in der AWM, sondern gerade auch am „Schreibtisch“ – beim Lesen, Studieren, Nachdenken. „Geschenkte Erkenntnis am Schreibtisch als Fest im Alltag!“

Traugott Hopp
Rektor

Traugott Hopp

Der gebürtige Hesse studierte Theologie am Theologischen Seminar Tabor und an der Trinity Evangelical Divinity School in Deerfield, Chicago (USA). Seine Studienschwerpunkte waren Altes Testament und Mission ...
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01.09.2017