Immer was zu tun …

Im Dienst für Gott gibt es immer was zu tun … davon kann wohl jeder, der beruflich oder ehrenamtlich in Gemeinde, Mission oder einer christlichen Organisation mitwirkt, ein Lied singen. Unsere Arbeit ist meist menschenbezogen – und wo es um Menschen geht, gibt es Erwartungen, Gesprächsbedarf, zu förderndes Potenzial und Nöte und Sorgen, um die es sich zu kümmern gilt. Man will jedem gerecht werden, gerade denen, die besonders bedürftig sind. Entspricht das nicht durch und durch unserer christlichen (Arbeits-) Ethik und dem Vorbild Jesu, dem wir folgen möchten?

Jesus hat sehr viel Zeit und Kraft in seinen Dienst investiert. Er hat gepredigt, geheilt, ist von Ort zu Ort gewandert und hat seine Jünger geschult. Manchmal bis zur Erschöpfung, bis tief in die Nacht, sodass er nicht einmal zum Essen kam (Mk 3,10+20).

Überall, wo Jesus hinkam, begegnete ihm große Not und Bedürftigkeit – äußere und innere. So viele Kranke, Einsame, Verzweifelte, Orientierungslose. Dann waren da seine Jünger, die unzählige Fragen hatten und immer wieder aneinandergerieten. Diese Menschen wollte er anleiten, prägen und bestmöglich auf ihre späteren Aufgaben vorbereiten. Daneben gab es dann noch die religiöse Elite, die ihn kritisch beobachtete und bei jeder Gelegenheit in Streitgespräche verwickelte. Von allen Seiten zerrte es an Jesus, alle wollten seine Zeit und Aufmerksamkeit.

Wie gelang es Jesus, sich davon nicht treiben zu lassen? Wie schaffte er es, sich bei all diesen Erwartungen eine innere Freiheit zu bewahren und unabhängige – oft überraschende – Entscheidungen zu treffen, wem er sich gerade in diesem Moment widmen wollte? Wie setzte er seine Prioritäten?

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Ein genauerer Blick in die Evangelien zeigt, dass Wesentliches oft in den scheinbar nebensächlichen Sätzen verborgen liegt. So wird an vielen Stellen vor oder nach einem größeren Ereignis beschrieben, wie Jesus sich zurückzog, um in der Stille und Einsamkeit zu beten. Und als er das Volk hatte gehen lassen, stieg er auf einen Berg, um für sich zu sein und zu beten. (Mt 14,23)

Er lebte aus der Verbindung mit seinem himmlischen Vater. Von ihm erhielt er Kraft, Wegweisung und Zurüstung für seinen Dienst und seine zwischenmenschlichen Begegnungen. Er wusste um seine wahre Identität und das Ziel seines Wirkens auf dieser Erde.

Wenn selbst Jesus aus diesen Zeiten der Zweisamkeit mit dem Vater lebte, wie viel mehr dann wir? Wir sind endliche Wesen – unsere Kapazitäten sind begrenzt, und unsere Wahrnehmung ist subjektiv. Es braucht die Anleitung von dem, der weiter und tiefer sieht. Das merken wir auch an der AWM immer wieder.

Daher sollten wir Gebet und Arbeit ins rechte Verhältnis bringen. Vielleicht hat sich Martin Luther dieses Prinzip des „Ora et labora“ aus seiner Zeit als Mönch bewahrt: „Heute habe ich viel zu tun, deswegen muss ich viel beten.“ (Martin Luther)

Melissa Sailer
(M.A. in Theologie, Freie Theologische Hochschule Gießen). Nach einem einjährigen Missionseinsatz in Malawi, Ostafrika, folgte ein fünfjähriges Theologiestudium in Gießen. In dieser Zeit sammelte sie auch E ...
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Bildnachweis: Kelly Sikkema / unsplash.com

01.03.2022